Heute im Adventskalender: Dr. Moreau!
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Ich habe längst nicht alle Bücher von H.G. Wells gelesen und so einige seiner späteren Werke auch abgebrochen, weil sie mir zu geschwätzig waren - aber der frühe Wells ist ein anregender, oft bizarrer und gelegentlich verstörender Literaturgenuss, wie man ihn nur selten erlebt ...
Und Die Insel des Dr. Moreau ist für mich das anregendste, bizarrste und verstörendste von Wells frühen Werken. Ein Engländer strandet auf einer Pazifikinsel, deren Nacht von unheimlichen Geschöpfen durchstreift wird, und trifft auf den verschrobenen Arzt Moreau, der hier seinen Forschungen nachgeht. Die geheime Verbindung zwischen Moreau und den Inselgeschöpfen ist entweder hinlänglich bekannt oder schnell erahnt, aber was Wells aus dieser Grundidee macht - packende Horrorgeschichte, vernichtende Kolonialismus-Kritik und Religionssatire, die eine magische Kugel abschießt, welche die Brust durchdringt und sich nach einem kurzen Abstecher in die Magengrube mit einer Kehre ins Hirn bohrt … Wahnsinn! Kein Wunder, dass Dr. Moreau tiefe Spuren in der gesamten Literatur hinterlassen hat, von William Goldings Herr der Fliegen bis zu Pierre Boulles Planet der Affen. Wenn man dann noch als offensichtliche Einflüsse auf das Buch Mary Shelleys Frankenstein und Jonathan Swifts Gullivers Reisen name-droppt und sich darüber klar wird, dass Wells die thematische Bandbreite dieser großen Vorläufer ausschöpft und weiterentwickelt, dann ahnt man, was für ein gewaltiges Werk dieses schmale Büchlein ist.
H.G. Wells, Die Insel des Dr. Moreau, dtv Euro 8,90
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